Wenn ein sogenanntes Nutztier keinen Wert mehr hat, wird es getötet. Das passiert beispielsweise, wenn Hühner nicht mehr genügend Eier legen oder wenn die Milchleistung bei Kühen nachlässt. Ob Bio- oder konventionelles Tier: Sie alle landen im Schlachthof, genauso wie ihre Artgenossen, die für Fleisch gezüchtet wurden. Sie sterben im Kindesalter, denn ein Altersheim für Nutztiere gibt es nicht. Oder etwa doch?! Es sind zwar nur sehr wenige Tiere, die ihren „Ruhestand“ überhaupt erleben, doch eine Handvoll Lebenshöfe gibt es, die vorm Schlachthof gerettete Tiere aufnehmen und ihnen einen friedliches Leben ermöglichen. Einer dieser Orte ist Hof Butenland, über den der Regisseur Marc Pierschel (u.a. „The End Of Meat“) eine Dokumentation gedreht hat. In einigen Städten ist „Butenland“ bereits gelaufen, einige Laufzeiten stehen aber noch aus. Ob sich der Kinobersuch lohnt, lest ihr hier.
Grüne Wiesen, wo das Auge hinblickt – so stellen sich die meisten Menschen (ob Veganer, Vegetarier oder Allesesser) das perfekte Leben für ein (Nutz-)Tier vor. Und auch auf dem Hof Butenland herrscht eine solche Idylle. Wunderschöne Kameraaufnahmen zeigen das riesige Weideland mit einigen Kühen darauf im Nebelschleier. Doch was heute Wirklichkeit ist – wenige Kühe in einem Stall, keine Anbindehaltung, keine täglichen Strapazen an der Melkmaschine – war nicht immer so. Denn der heutige Lebenshofbetreiber Jan Gerdes war früher Milchbauer. Die Doku erzählt seine Geschichte: wie er den Hof übernommen hat und alles besser machen wollte als der Vater. Und wie es letztendlich dazu kam, dass die Tiere auf seinem Hof heute keinen Nutzen mehr haben, sondern einfach nur leben dürfen. Mitunter genauso spannend ist die Geschichte seiner Partnerin, der Tierrechtsaktivistin Karin Mück. Sie befreite als junge Erwachsene Tiere aus Tierversuchslaboren und saß deswegen sogar im Gefängnis. Bauer und Aktivistin – grundsätzlich einander feindlich gesinnt. Wie das zusammenpasst, erklärt der Film ebenfalls in Kürze.
Frisierte Hochleistungskühe bringen den Zuschauer zum Nachdenken
Doch das ist eigentlich nebensächlich. Im Vordergrund steht die Liebe der Beiden zu ihren Tieren, was sie häufig an emotionale Grenzen führt. Denn die Tiere, die sie aufnehmen, sind meist alt und leben aufgrund der erlittenen Qualen in der Tierindustrie nicht lange. Das Tier in den Tod streicheln: So, wie sich mancher die Nutztierhaltung wünscht, so geschieht es in Butenland wirklich – nur ohne Ausnutzung und Schlachtung. Diese Momente hat Pierschel gut eingefangen, ohne zu sehr durch Musik oder andere Stilmittel zu emotionalisieren. Zudem bringt der Film den Zuschauern die sogenannten Nutztiere als Lebewesen näher – ihre Bedürfnisse, Eigenschaften und unterschiedlichen Charaktere. Interessant sind auch die Einblicke in den Lebensalltag auf dem Hof: Wie viele Anfragen von Tieraufnahmen täglich bei den Beiden im Mailpostfach landen, nächtliche Anrufe und wie der Hof finanziert wird.
Das Gespräch mit dem Nachbar-Bauern, der eigentlich auch am liebsten aussteigen würde, gewährt einen kurzen externen Blick auf die harte, unbarmherzige Arbeit der Landwirte mit Tierhaltung. Noch krasser dargestellt ist diese Industrie aber durch Aufnahmen von einer Nutztier-Messe, wo frisierte Hochleistungskühe zur Schau gestellt und versteigert werden. Diese Szenen bringen auch den nicht-veganen Zuschauer zum Nachdenken. Leider kommt das Thema Veganismus erst ganz zum Schluss auf den Tisch. Die Botschaft und die Lebenseinstellung der beiden Protagonisten hätte schon deutlich früher zur Sprache kommen können.
Zu Wort kommen neben einer Angestellten auch Freunde des Paares. Diese Wortbeiträge hätte Pierschel reduzieren können, denn sie wiederholen sich in ihren inhaltlichen Aussagen doch zu sehr und sind eher belanglos. Bei einer zu Beginn eingeführten Protagonistin – vermutlich eine Tierärztin – wird leider nicht ganz klar, in welchem Zusammenhang diese mit Hof Butenland steht.
Diese Kinos zeigen den wirklich sehenswerten Film in den kommenden Monaten in Deutschland und Luxemburg.
„BUTENLAND“ wird außerdem ab 7. August 2020 auf DVD und Video on Demand erscheinen. Erhältlich über die gängigen Portale sowie den Online-Shop von Mindjazz-Pictures.
Wer einen Lebenshof besuchen oder unterstützen möchte, findet hier eine Übersicht mit Höfen in Deutschland, Österreich und der Schweiz samt Kurzbeschreibung. Eine reine Adressliste mit Höfen und dem Hinweis, ob die Betreiber vegan leben, bietet vegane-jobs.de. Beide Listen sind nicht mehr ganz aktuell. Wer weitere Lebenshof-Adressen kennt, die auf beiden Listen fehlen, kann diese gerne in die Kommentare schreiben 🙂
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