Elisabeth Junk (oben li.), Nir Rosenfeld (oben re.), Christoph Scholz (unten li.) und Lola Konfus haben 24 Stunden lang nichts gegessen.
Fotos: Elisabeth Junk, Nir Rosenfeld, Christoph Scholz, Lola Konfus
Ja, Veganer*innen müssen schon auf einiges verzichten. Nicht in jedem Restaurant und nicht in jeder Kantine gibt es akzeptable vegane Optionen. Und auch das private Umfeld ist manchmal ignorant oder schlichtweg überfordert. Da kann es schonmal vorkommen, dass eine Mahlzeit ausgelassen wird. Und jetzt auch noch einen Tag im Monat für die Tiere fasten?! Mach ich denn nicht schon genug? Es ist nie genug – zumindest sehen das viele vegane Tierrechts-Aktivisten so, wenn sie an die Qualen der Tiere denken. Die Bewegung „Fast against Slaughter“ erinnert mit der regelmäßigen Aktion „Animals first on the second“ (AFOTS) an die sogenannten Nutztiere, die vor und während des Transportes zum Schlachthof weder Futter noch Wasser bekommen. Vier Aktivisten berichten von ihren Erfahrungen beim Fasten.
Christoph Scholz hat schon mehrfach Facebook-Posts von Aktivisten gesehen, die Teil der Bewegung sind. Ausschlaggebend dafür, selbst teilzunehmen, war für ihn jedoch die Aktion von Heiko Raisch, der sich für 96 Stunden an das Rote Rathaus in Berlin gekettet hat, um die Aufmerksamkeit von Politik und Medien auf Tierrechte zu lenken. „Das war ein großer Einschnitt in seine persönliche Freiheit und auch ich hatte das Gefühl, etwas von meiner persönlichen Freiheit aufgeben zu müssen, um mich noch mehr als sonst mit den Tieren in diesem schrecklichen System, das wir „Nutztierhaltung“ nennen, zu solidarisieren und Aufmerksamkeit zu generieren“, sagt Christoph.
Gefastet hat der Tierrechts-Aktivist bis dahin noch nie in seinem Leben. Und das aus gutem Grund, denn mit Hunger und Durst könne er im Alltag nicht so gut umgehen. „Es war für mich absolut erstaunlich, dass ich auch nach den 24 Stunden kein Heißhungergefühl verspürt habe.“ Gesundheitliche Bedenken hatte er nicht. „Es war mir jedoch relativ klar, dass ich während dieses Tages Konzentrationsschwierigkeiten bekommen werde, das hat sich auch absolut bewahrheitet. Der Hirnstoffwechsel wird durch das Fasten relativ stark beeinflusst.“
Tipps von Christoph:
- Um die Reaktion des eigenen Körpers auf das Fasten kennenzulernen, kann man bereits am Vorabend starten und z.B. von 17 bis 17 Uhr am Folgetag fasten. So geht man an keinem der beiden Tage hungrig ins Bett.
- Am besten nicht nach dem Frühstück mit dem Fasten beginnen (z.B. von 10 bis 10 Uhr), denn das würde mit hoher Wahrscheinlichkeit den Insulinspiegel steigen lassen und zu Heißhunger führen.
Lola und Nir haben sogar auf Wasser verzichtet
Auf den AFOTS-Post von Christoph wurde 200 Mal reagiert und aus seinem näheren Umfeld haben sich direkt mehrere Personen dazu entschieden, ebenfalls das erste Mal teilzunehmen – darunter Lola Konfus: „Da ich mich jeden Tag mit Tierrechten und Umweltschutz beschäftige und finde, dass man nicht genug machen kann, um auf die Missstände aufmerksam zu machen, habe ich mich auch für diese Form des Aktivismus entschieden.“ Die Tierrechtlerin hat sogar 24 Stunden lang nichts getrunken, „denn die Tiere werden während der langen Fahrten bis zum Schlachthof auch nicht mit Wasser versorgt.“ Lola war an diesem Tag ganz normal arbeiten. Ihr ist aufgefallen, dass sie für sich sein wollte. „Ich wollte nicht viel reden. Ich habe viel nachgedacht und war tieftraurig.“
Auch Nir Rosenfeld hat am 2. September zum ersten Mal für die Tiere gefastet, nachdem er den Post von Christoph gelesen hatte – und auch er hat auf Wasser verzichtet. Bereits drei Mal hat der Aktivist und Gastronom in seinem Leben gefastet, aus religiösen Gründen. „Aber dieses Mal war es mir viel wichtiger und hatte eine große Bedeutung. Zuvor habe ich gefastet weil es alle so machen, ich war aber eigentlich gar nicht überzeugt davon.“ Die AFOTS-Aktion war anders für Nir, er habe den ganzen Tag an die Tiere gedacht und daran, wie schwer sie es haben. Außerdem habe er mit vielen Menschen an diesem Tag gesprochen, warum er fastet.
Mit zunehmendem Hungergefühl denkt Elisabeth auch mehr und mehr an die Tiere
Elisabeth Junk ist hingegen geübt im Fasten. Zehn Jahre hat sie einmal jährlich gefastet, manchmal fünf, zehn, oder sogar 15 Tage lang und auch für die Tiere hat sie bereits acht Mal für 24 Stunden auf Nahrung verzichtet. „Nach etwa vier Stunden kommt es bei mir meist zu einem leichten Hungergefühl. Ich trinke dann viel Wasser oder Tee um das Hungergefühl etwas in Schach zu halten, aber es wird immer stärker und stärker. Die Tiere können meist nicht trinken. Sie sind in einer völlig fremden Umgebung, mit fremden Artgenossen, dicht an dicht zusammen gedrängt, bei Hitze und bei Kälte. Das macht mich so traurig. Ich bekomme mehr Hunger aber ich will nicht essen. Das ist meine freie Entscheidung, die Tiere werden nicht gefragt. Mein Hunger wird immer stärker und stärker und ich trinke. Sie können nicht trinken. Die letzten vier Stunden sind die schlimmsten, dann wird der Hunger fast unerträglich und ich kann fast an nichts anderes mehr denken als ans Essen. Aber ich frage mich auch: wie geht es den Tieren jetzt?“, berichtet die Tierrechts-Aktivistin von ihren Erfahrungen.
Trotz der Strapazen, die die vier teilweise erlitten haben, wollen alle das nächste Mal wieder teilnehmen und empfehlen das Fasten allen Aktivisten. „Mit jedem Fasten wachse ich ein klein wenig mehr, es macht mich froh und gibt mir die Kraft weiter zu machen“, sagt Elisabeth, die sogar schon einige Aktivisten dazu bewegen konnte, ebenfalls teilzunehmen. Und auch Christoph würde diese Art des Aktivismus uneingeschränkt allen empfehlen. „Wie man fastet, wie strikt und wann genau – sogar ob man sich das Zeichen auf die Hand malt – ist jedem selbst überlassen.“ Entscheidend ist, die Menschen auf das Leid der Tiere aufmerksam zu machen.
Du hast Fragen zu AFOTS oder hast bereits an der Aktion teilgenommen und willst Deine Erfahrungen teilen – dann hinterlasse einen Kommentar!
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Mit Interesse habe ich die Berichte gelesen und finde es super, dass die Tierrechts-Aktivisten so toll das durchziehen. Ich habe bisher an vielen ganz unterschiedlichen Aktionen teilgenommen, aber noch nie gefastet. Ja, es stimmt einen traurig, macht aber auch wütend, wenn man bedenkt, wie der Mensch die Tiere leiden lässt. Zum Glück lebe ich nicht weit entfernt von Freiburg und finde dort eine schon beachtliche Zahl an veganen Restaurants und es bieten z. B. ein Frischemarkt und Filialen von Rewe und DM-Märkte vegane Produkte an, Meine Kollegen sind zum grossen Teil Vegetarier und zeigen sehr viel Verständnis für meine Einstellung. Das finde ich fantastisch. Es wird sicher noch viel Zeit vergehen, bis der letzte Mensch begreifen wird, dass Fleisch und Kuhmilch nicht lebensnotwendig sind. Und bis dahin kämpfen wir für das Wohl der Tiere auf allen Ebenen bis zum Letzten Atemzug!
ich habe mit Staunen diesen Bericht gelesen und er erfüllt mich mit Hoffnung,solche Menschen brauchen wir für eine grundlegende Veränderung,der einzelne Veganer in seinem Umfeld hat wenig Macht,wird bestenfalls ausgelacht und ausgegrenzt,auch das man in den meisten Lokalen und Cafes nichts Veganes auf der Speisekarte findet,sagt wo wir stehen,wenn ich mal 1 Stück Kuchen essen will,muss ich ihn mir schon backen.Das ist nur eine Seite der Medallie hinzu kommen Bemerkungen bis Beleidigungen ,das tut auch weh,doch es ist Nichts im Vergleich mit dem Leid dere.
Habe mich so angesprochen gefühlt von deinem Kommentar. Ich wohne am Rand einer kleinen Großstadt und genau das was du hier beschrieben hast erlebe ich hier. Ich habe seit Ewigkeiten keinen Kuchen mehr gegessen, weil die Bäckereien hier überall tierisches Zeug reinmischen müssen. Als ob das so schwer ist Leinsamen anstelle von Ei in den Teig zu mischen oder Sojamilch anstelle von Kuhmilch zu nehmen. Ich habe von ein paar veganen Bäckermeistern gelesen das sie dieses festhalten an klassischen Rezepten sehr kritisieren. Aber in der Bäckerkultur tut sich trotzdem nur langsam etwas. Da sind große Supermärkte schon weiter. Lidl hat neuerdings wenigstens vegane Muffins. Ich hoffe das wird bald etwas. Rückfällig werde ich garantiert nicht denn wie du schon geschrieben hattest, mein „Verzicht“ ist nichts im Gegensatz zu dem Leid der Tiere. Und außerdem ist es ja nicht auf Dauer, langfristig gesehen wird die Nachfrage nach veganen Alternativen steigen und dann müssen wir auch nicht mehr auf irgendwas verzichten. Und wenn es hart auf hart kommt, kann ich mir meinen Kuchen immer noch selber backen. Aber mit den Anfeindungen ist schon krass. Ich wundere mich nur das ausgerechnet die gewaltfreie Lebensweise die extremere in den Augen der Leute ist. Das ist verrückt!Ich möchte beim fasten auch irgendwann mitmachen. Respekt an die Teilnehmer!
Liebe Grüße