Tierrechte

Hier finden 2023 vegane Sommerfeste statt

Es wird wieder wärmer. Die ersten Feste und Veranstaltungen finden draußen statt. Und nachdem während der Corona-Pandemie vieles ausgefallen ist, darf 2023 endlich wieder so richtig gefeiert werden. Das größte „Comeback“, wenn man das so sagen kann, feiert das Vegane Sommerfest in Berlin. Doch auch in anderen Städten in Deutschland, Österreich und in der Schweiz wird der vegane Lebensstil gefeiert. Hier eine Auswahl an veganen Open-Air-Veranstaltungen im Sommer 2023:

Größtes Veggie-Festival Europas

Yuhuuu, das Vegane Sommerfest Berlin ist zurück! Ganze vier Jahre mussten wir warten, jetzt ist es endlich wieder soweit: Vom 16. bis 18. Juni 2023 findet das nach Angaben des Veranstalters Proveg größte Veggie-Festival Europas wieder auf dem Alexanderplatz in Berlin statt. Veganer und Vegan-Neugierige können sich auf bis zu 100 Marktstände mit veganen Produkten wie Kleidung, Schuhe und Kosmetik sowie Essen und Getränken freuen. Ebenfalls wieder geplant sind ein Bühnenprogramm mit Musik, Vorträgen und Kochshows sowie eine Tombola.

Veganer Sommer am Meer

Wer ein veganes Festival lieber in der Natur genießen möchte, statt im Großstadt-Dschungel, der ist beim „Vegan Summer“ richtig, der dieses Jahr vom 7. bis 9. Juli in Eckernförde stattfindet. Drei Tage lang könnt ihr im Kurpark mit Blick auf die Ostsee Koch-Shows, Vorträge, Live-Musik, ein vielfältiges kulinarisches Angebot und eine Auswahl neuester veganer Lifestyle Produkte kaufen und genießen. Der Eintritt ist frei. Angeboten wird außerdem Strandyoga, eine Spielwiese für Kinder, eine Hundebar und ein gemeinsames Beach-Cleanup.

Und auch in Hamburg wird der vegane Lifestyle in diesem Jahr wieder gefeiert: Das „Vegane Straßenfest Hamburg“ findet am 29. Juli auf dem Spielbudenplatz in St. Pauli statt. 2022 haben unter anderem Mark Benecke und Aljosha Muttardi einen Vortrag gehalten, 34 Aussteller waren am Start – darunter auch die aus Berlin bekannten Brammibal’s Donuts.

Festival mit Convention-Charakter

Ihr steht auf Cosplay? Dann ist die „Vegan Fantasy Fair“ wahrscheinlich genau das Richtige für Euch! Die Veranstaltung will veganes Festival mit einem Messe- und Convention-Charakter verbinden. Am 15. Juli von 10 bis 22 Uhr findet das Event im Schlosspark Geislautern im Saarland statt. Auf fünf Areas aufgeteilt geht es zum einen um ökologische und soziale Gerechtigkeit (Veganismus, Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Gleichheit), aber auch um Fantasy und Spiele (Spiele, Rollenspiel, Literatur, Kunst, Musik). Der Eintritt kostet 12,50 Euro, Schüler und Studenten ab 13 Jahre (Kinder bis 12 Jahre erhalten freien Eintritt) zahlen 4 Euro.

Das älteste vegane Straßenfest

Und auch der Ruhrpott muss nicht auf ein veganes Fest verzichten: Der Vegan Street Day findet dieses Jahr am 19. August in Bochum auf dem Dr.-Ruer-Platz und in der Grabenstraße statt. Das Fest ist laut Veranstalter Ariwa das älteste vegane Straßenfest in Deutschland und findet seit 2006 statt. Ariwa wirbt mit mehr als 50 veganen Ständen sowie zwei Bühnen, die Infos und Unterhaltung bieten sollen und eine bunte Kinderinsel. Auch in Stuttgart hat es in der Vergangenheit einen Vegan Street Day gegeben. Ob es auch 2023 ein Event geben wird, ist noch nicht bekannt.

Auch der „Vegane Markt Koblenz“ (vormalig in Ahrweiler) findet dieses Jahr wieder statt: Und zwar am 26. August auf dem Zentralplatz. Als den ältesten veganen Markt (nicht Straßenfest!) bezeichnet Ariwa diese Veranstaltung: Geboten werden Foodtrucks und Infostände aus der veganen Welt sowie ein Bühnenprogramm mit Rednern und Musikern.

Ebenfalls in diesem Jahr wieder stattfinden wird „Vegan im Quadrat“ in Mannheim. Am 16. September gibt es in der Straße Kapuzinerplanken Rednerbeiträge, vegane Stände und einen Kuchenstand des Veranstalters.

Veganmania in Österreich

Impressionen von vergangenen „Veganmania“-Events. Foto: Screenshot – veganmania.at

Das größte Streetfood-Festival in Österreich ist vegan! Die „Veganmania“ feiert 2023 Ihr 25-jähriges Bestehen. Termine gibt es in mehreren Städten: Los geht es am 12. und 13. Mai in Graz auf dem Tummelplatz. Falls sich „Die Eisperle“ dieses Event entgehen lassen sollte, schaut auf jeden Fall in einer der inzwischen vier Filialen in Graz vorbei: Ich verspreche Euch köstliche vegane Eiscreme! Vom 2. bis 4. Juni geht es in Wien am Museumsquartier weiter und vom 25. bis 27. August macht das Festival noch einmal Station in Wien, diesmal auf der Donauinsel. Vom 16. bis 17. Juni findet die „Veganmania“ auf dem Pfarrplatz in Linz statt. Letzte Station in 2023 wird am 8. und 9. September Innsbruck (Marktplatz) sein. Neben Essensständen – mit Kreationen aus österreichischer und internationaler Küche – gibt es Livemusik. Außerdem stellen Stände ihre veganen und nachhaltigen Produkte vor, darunter Kosmetik und Kleidung.

Treffpunkt für vegan lebende Menschen

Und auch in der Schweiz gibt es 2023 in drei Städten ein „Vegan Festival“. An einem kommt Ihr gar nicht dran vorbei – zumindest, wenn Ihr mit dem Zug nach Zürich reist: Vom 6. bis 11. Juni findet die „Vegan Week“ in der Haupthalle des Hauptbahnhofes statt. Vom 24. bis 27. August gastiert das Festival in Winterthur und vom 7. bis 10. September in Basel. Der Eintritt ist frei. Angeboten werden Food-, Beauty- und Fashionprodukte. Das Festival will besonders vegan lebenden Menschen einen Treffpunkt bieten.

Wisst Ihr von weiteren veganen Sommerfesten, die 2023 in Deutschland, Österreich und der Schweiz stattfinden? Dann schreibt die Infos gerne in die Kommentare!

What do we want?

Animal Rights March in Köln. Foto: Karsten Günter

ANIMAL LIBERATION! Deshalb, liebe Veganer*innen aller Länder, vereinigt euch! Denn nur gemeinsam sind wir stark! Wo und wie das am besten möglich ist? Zum Beispiel am kommenden Sonntag, 25. August, beim Animal Rights March in Berlin!!! Egal, welcher Tierrechts-Organisation ihr euch angehörig fühlt – an diesem Tag sollten wir alle gemeinsam auf die Straße gehen und zusammen unsere Stimme für die Tiere erheben. Und an alle, die bisher noch nicht aktiv geworden sind: Ein Marsch ist eine tolle Gelegenheit, um einzusteigen. Du bist unter Gleichgesinnten, unter Menschen, die genauso fühlen und denken, wie du. Du kannst es physisch spüren, dass du nicht der/die einzige Veganer*in bist, und das macht Mut, um im Alltag gegen all die Menschen bestehen zu können, die es noch nicht verstanden haben. Und was nun, wenn Berlin nicht gerade um die Ecke ist?!

Tausende Aktivisten gemeinsam auf der Straße für Tierrechte.
Foto: Karsten Günter

Ich weiß, es ist nicht mehr viel Zeit …

… aber hey, denkt daran, wie viel Aufmerksamkeit wir für die Tiere bekommen können, je mehr Menschen an diesem Tag zusammen auf die Straße gehen! Der Marsch am vergangenen Sonntag in Zürich hat es sogar in die Tagesschau geschafft! Und nebenbei ist Berlin ja nicht nur das Mekka aller Veganer, sondern es findet an diesem Wochenende auch noch das Vegane Sommerfest auf dem Alexanderplatz statt. Und wer nicht genug vom Aktivismus für die Tiere bekommen kann: Am Samstag Nachmittag findet auch ein „Cube of Truth“ von Anonymous for the Voiceless statt, ebenfalls am Alexanderplatz. Und auch das Wetter spielt mit: Am veganen Wochenende werden in Berlin um die 30 Grad erwartet 🙂

Noch dazu kommen zum Marsch ein paar bekannte Gesichter aus der Tierrechtsszene: That Vegan Couple hält die Abschlusskundgebung am Roten Rathaus. Vor und während der Demo werden uns das Trommlerkollektiv Drums over Knives und die Singer-Songwriter Lulu Henn und Séimí musikalisch unterstützen. Außerdem hat sich SOKO Tierschutz mit Friedrich Mülln angekündigt und auch Niko Rittenau wird dieses Jahr wieder dabei sein.

Abschlusskundgebung nach dem Kölner Marsch.

Du bist überzeugt? Wunderbar! Dann bereite dich gut vor:

  • crem´ dich gut ein, denn auch Veganer*innen können einen Sonnenbrand bekommen 😉
  • Bastel ein schönes Schild mit einem Spruch und/oder Bild. Die Veranstalter bitten darum, keine Holocaust-Vergleiche oder -Relativierungen, Vergewaltigungsanalogien oder Hassbotschaften zu verbreiten.
  • Wenn du ein T-Shirt mit einer veganen Message hast: zieh es an!
  • Hast Du noch Kreide zuhause? Bring sie mit und male auf der Marschroute Botschaften, wenn Du möchtest!
  • Hast Du Infomaterial zum Thema Tierrechte und Veganismus? Pack es in den Rucksack und verteile es während des Marschs an Passanten!

Demosprüche (Auswahl)

  • One struggle, one fight – human freedom, animal rights!
  • What do we want? – ANIMAL LIBERATION! – When do we want it? – NOW! – Are we going to fight for it? – YES! – Are we gonna get it? – YES!
  • Animal Liberation – In one generation!
  • Killing is not kindness – ist not food, its violence!

Also schwing dich ins Auto, in den Bus oder in die Bahn und sei ein Teil von den voraussichtlich mehr als 6000 Aktivist*innen, die an der wahrscheinlich größten Tierrechts-Demo in Deutschland teilnehmen werden! Zusagen, Fragen stellen und weitere Infos erhälst du in der Facebook-Veranstaltung.

Wir sehn uns am Sonntag um 10 Uhr am Senefelderplatz 🙂

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„Ich bin ein Gerechtigkeitsfreak“

Kühe grasen auf der großen, grünen Weide. Hühner laufen frei herum. Schweine wühlen in der Erde. Die Tiere sind gesund, führen ein glückliches Leben. Dieses Bild will die Fleisch-, Milch- und Eier-Industrie dem Verbraucher vermitteln. Die Realität ist jedoch eine andere: Ein Großteil der Tiere lebt auf engstem Raum mit tausenden Artgenossen zusammen und sieht erst dann das Tageslicht, wenn sie zum Schlachter abtransportiert werden. Damit Konsumenten tierischer Produkte wissen, was hinter den Türen in den Betrieben geschieht, schleusen sich Vereine wie SOKO Tierschutz in solche Betriebe ein, um Aufnahmen zu machen und diese den Medien zuzuspielen. SOKO-Gründer Friedrich Mülln (Foto: Mülln) arbeitet seit 26 Jahren undercover. Im zweiten Teil des Interviews spricht der Tierrechtler über seinen Vater und darüber, wie lange es die Massentierhaltung seiner Meinung nach noch geben wird.

Dein Vater hat in der Fleischindustrie gearbeitet. Wie war es für ihn, als Du vegan geworden bist und dann auch noch zum Aktivisten wurdest?

Es war gar nicht so problematisch, wie man sich das vorstellt. Mein Vater wusste ja, was die Fleischindustrie für ein Drecksladen ist. Da hat er auch keinen Hehl draus gemacht. Manchmal hat er am Frühstückstisch davon erzählt, wenn er  wieder Gammelfleisch gesehen hat. Aber natürlich gab es erstmal eine Maximalkonfrontation, gerade wenn man in der Jugend mit 14 Jahren Tierrechtler wird. An den Schafkopf meines Vaters, der im Kühlschrank lag, habe ich ein Schild dran gemacht, wo drauf stand „Ich wurde ermordet“. Da gab es natürlich schon Reibereien. Aber im Großen und Ganzen ging es ganz gut und er hat mir auch in den Jahren danach viel geholfen und einige seiner Geschäftspartner ans Messer geliefert, um mir damals die Möglichkeit zu bieten, Undercover-Recherchen zu machen. Er wusste insgeheim, dass diese Branche falsch ist und das wissen ganz viele Leute in der Fleischindustrie. Deswegen mahne ich auch davor, die Leute zu verdammen oder zu dämonisieren. Das sind auch Leute, die wir überzeugen können und das sind sogar Leute, die teilweise ganz schön einfach zu überzeugen sind.

Was rätst Du jemandem, der aktiv werden möchte?

Am besten Anschluss suchen an andere Aktivisten. Zusammen lässt sich das besser machen. Es gibt ja inzwischen bundesweit überall Ortsgruppen verschiedener Organisationen. Da muss man einfach mal reinschnuppern und gucken, welche Arbeit einem gefällt. Ich habe mir auch erstmal alles angeschaut. Ich war auf Jagdsabotagen, ich habe Schlachthöfe besetzt und Hühner befreit. Irgendwann wusste ich, mein Ding sind die Recherchen, die Aufdeckung und die Informationsarbeit über die Medien. Ich würde nur sagen, dass man sich nicht dazu verleiten lassen soll, Straftaten zu begehen oder zu denken, dass man mit krimineller Energie oder Terror für die Tiere was erreichen kann. Das bewirkt genau das Gegenteil.

Du meinst zum Beispiel Morddrohnugen?

Kriminelle Energie ist mit Sicherheit nicht, ein geschundenes Huhn aus einer Haltung zu retten. Kriminelle Energie ist Bedrohung, Angst schaffen, Anrufe, Beschmierungen, Sachbeschädigungen. Es trifft zwar keine Lebewesen, aber ich finde, unser Rechtsstaat ist zu achten. Und ich finde, wenn wir den als Instrument gegen die Tierausbeutung nutzen wollen, können wir auf der anderen Seite nicht so tun, als würde er nicht existieren.

Umgekehrt wurde sowohl SOKO Tierschutz als auch Du persönlich schon oft bedroht. Wie gehst Du mit solchen Anfeindungen um?

Das ist nicht einfach. Es gab verschiedene, zum Teil im großen Stil angelegte Schmutzkampagnen gegen SOKO Tierschutz und gegen mich persönlich. Das ist schwer zu ertragen, besonders, da ich ein Gerechtigkeitsfreak bin und es frustrierend finde, wenn der Rechtsstaat bei der Verfolgung solcher Straftaten gegen mich völlig versagt.  

Du bist inzwischen ziemlich bekannt. Schränkt das Deine Arbeit ein?

Mich scheinen nur Tankstellen-Bedienstete und Deutsche-Bahn-Mitarbeiter zu erkennen. Das sind die, die mich ansprechen und sagen, sie sind doch der aus „Stern TV“. Ansonsten reicht eine Mütze oder eine andere Brille aus. Natürlich würde man mich bei dem Tierversuchslabor Covance, wo ich 2003 undercover war, nicht mehr reinlassen. Aber ich arbeite ja sehr viel mit Leuten zusammen, die völlig unangetastet sind und keine Bekanntheit haben, aber mit erstaunlich vielen Sachen komme ich noch durch, das wundert mich selbst.

„Ich denke, ich bin eine der optimistischsten Personen in der Tierrechtsbewegung.“

Friedrich Mülln, SOKO Tierschutz

Wie zufrieden bist Du mit der Darstellung Deiner Arbeit in den Medien?

Angemessen an der Wichtigkeit dieses Themas werden viele Inhalte nicht gut genug transportiert und nicht ausführlich genug behandelt. Die Medien stehen immer mehr unter Druck. Alles muss immer schneller, immer größer sein. Aber ansonsten haben wir in Deutschland immer noch eine sehr gute Position, weil wir eine sehr gute Medienlandschaft haben, sowohl durch die öffentlich-rechtlichen als auch durch die Privatsender. SOKO Tierschutz schafft es auf 40 bis 60 TV-Berichte pro Jahr und hunderte Printberichte. Das beweist, dass es offensichtlich gut funktioniert, auch komplexe, schwierige Themen, die nicht zu Hurra-Rufen bei den Lesern führen, zu transportieren. „Stern-TV“ merkt das immer wieder an der Quote, wenn sie über Tierausbeutung berichten. Das kostet den Sender eigentlich Geld. Nichts desto trotz bringen sie jedes Jahr mehrfach solche kontroversen, schwierigen und grausamen Themen und das zeigt, dass der Journalismus in der deutschen Demokratie gut funktioniert.

Bei all dem Tierleid, dass Du gesehen hast, kannst Du da eigentlich noch positiv in die Zukunft blicken?

Total. Ich denke, ich bin eine der optimistischsten Personen in der Tierrechtsbewegung. Ich bin so nah dran und dadurch sehe ich einfach, was die Einschläge dieser Bewegung, der Öffentlichkeitsarbeit, der ganzen Proteste, der Medienauftritte, bewirken. Ich sehe Animal Rights History in the making. Ich fahre durch die Gegend und weiß, auf der grünen Wiese stand früher mal eine Nerzfarm mit zehntausend Nerzen, da ist heute nur noch eine grüne Wiese. Ich sehe, wie das vegane Angebot in den Supermärkten quasi explodiert. Im letzten Winkel Deutschlands, selbst in einer Landgaststätte werde ich nicht mehr krumm angeschaut, sondern man kann mir etwas veganes anbieten. Es sind so viele Dinge, die optimistisch stimmen sollten, sodass man eigentlich gar keinen Grund hat, sich trotz all dieses Leids runterziehen zu lassen und ich denke, das ist auch der Grund, warum ich das seit 26 Jahren mache. Andere, die mit mir in den 90er-Jahren angefangen haben, sind längst andere Wege gegangen.

Wie lange glaubst Du, wird es die Massentierhaltung noch geben?

Ich schätze mal noch 20 Jahre. Das wird jetzt relativ schnell gehen. Die Leute denken immer, das dauert Jahrhunderte, aber das geht sehr schnell. Ich vergleiche das ganz gerne mit dem Diesel. Vor fünf oder sechs Jahren hätte jeder gesagt, Diesel ist die Zukunftstechnologie und das wird Jahrzehnte so bleiben. Jetzt sprechen wir davon, dass in fünf Jahren vielleicht keine Diesel-Fahrzeuge mehr hergestellt werden müssen, obwohl das eine große, mächtige Industrie ist. Das gleiche gilt für andere Verbrennungsmotoren. Ich bin sehr optimistisch, dass ich das noch erleben werde.

Woran wird die Wende abzumachen sein?

Neben dem Faktor Mensch, dass immer mehr Leute aufwachen, sind die zwei wichtigen Faktoren zum einen die globale Erwärmung, die die Massentierhaltung quasi unmöglich machen wird. Und das andere ist moderne Technologie. Das ist der größte Feind dieser rückständigen Systeme. Ob der der Landwirtschaft oder der Tierversuche. Moderne Technologie wird die Tierversuche killen und Clean Meat (Laborfleisch) werden der Fleischindustrie den Garaus machen.

  • HIER geht es zu Teil I des Interviews mit Friedrich Mülln.
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„Wir benötigen Tierrechte“

Wer sich ehrlich politisch engagiert, hat Missstände in der Gesellschaft erkannt, die behoben werden müssen. Aída Spiegeler Castañeda (Foto: Sonya Martin) ist eine von ihnen. Die 24-Jährige kandidiert in Mannheim bei der Kommunalwahl für die Tierschutzpartei. Darüber hinaus verkörpert die Jura-Studentin ihre politischen Ideale: Sie lebt nicht nur vegan, sondern geht auch für die Rechte von Tieren auf die Straße. Im Interview spricht Aída über die Europawahl und darüber, was Kleinparteien bewegen können.

Alle Macht den Großen: Was glaubst Du, kann eine Kleinpartei politisch bewegen?

Viele Themen werden von den Großen Parteien nicht thematisiert, da diese um ihre Wähler fürchten. Diese Bedenken blockieren uns nicht. Wir haben die Aufgabe, die Menschen auch über Problematiken zu informieren, die von den anderen totgeschwiegen werden. Zudem geben wir den Wählern die Möglichkeit der Regierung zu zeigen, dass ihnen diese Themen nicht gleichgültig sind.

Die Tierschutzpartei ist die weltweit erste ihrer Art gewesen. Inzwischen gibt es in Deutschland einige weitere Parteien, deren Kernthema der Tierschutz ist. Wie bewertest Du diese Entwicklung?

Ich denke, diese Entwicklung hängt stark von der zunehmenden Aufmerksamkeit zu Themen wie der Klimaentwicklung und dem starken Fleischkonsum zusammen.

Gibt es einen Austausch mit Parteien wie der „V-Partei³“, „Tierschutz Hier“, „Tierschutzallianz“ und „Partei für die Tiere“  und wenn ja, in welcher Form?

Die Parteien „Tierschutz Hier“, die „Tierschutzallianz“ und die „Partei für die Tiere“ bestehen derzeit jeweils nur aus ein paar Dutzend Menschen, die sich leider wegen persönlicher Differenzen von der Tierschutzpartei abgespalten haben. Diese drei Parteien wollen aus diesen Gründen leider keinen Austausch mit uns.
Mit der „V-Partei³“ ist jedoch ein konstruktiver Austausch möglich, der sich auch beispielsweise daran zeigt, dass sie zur Wahl des Europäischen Parlaments eine Wahlempfehlung für uns ausgesprochen haben.

Du bist gerade einmal 24 Jahre alt, studierst noch und kandidierst für die Tierschutzpartei bei den Kommunalwahlen in Mannheim. Wie gut lässt sich dein politisches Engagement mit Studium und Freizeit vereinbaren?

Aida Spiegeler Castañeda engagiert sich nicht nur in der Politik, sondern auch als Aktivistin für Tiere, unter anderem bei Animal Equality.

Die Entscheidung, politisch aktiv zu werden war für mich eine durchaus weitreichende Entscheidung. Ich für meinen Teil sehe meine Zukunft darin, mich für die einzusetzen und die zu beschützen, die es selbst nicht können. Und das ist auch eigentlich nie anders gewesen. Somit führt alles in die gleiche Richtung. Um gute politische Arbeit leisten zu können, muss ich mich in der Wirtschaft, in der Innen- und Außenpolitik, mit unserem Rechtssystem und unserem Sozialstaat auskennen. Dafür studiere ich.

Wie hoch schätzt Du selbst Deine Chancen bei den Wahlen ein?

Das ist wirklich schwer einzuschätzen. Da wir in Mannheim zum ersten Mal bei den Kommunalwahlen antreten, stehen uns keine Erfahrungswerte zur Verfügung. Jedoch waren bei der letzten Gemeinderatswahl bereits 1,1% ausreichend, um einen Sitz zu bekommen. Aus diesem Grund denke ich, dass wir durchaus die Chance auf ein Mandat haben. Da Herr Parmentier auf Listenplatz 1 kandidiert, hoffe ich auf ein Mandat für ihn.

Bei der Europawahl steht Ihr ebenfalls auf dem Wahlzettel. Was muss sich in Europa am dringlichsten in Sachen Tierschutz ändern?

Die dringlichste Aufgabe sehe ich in der Ahndung von Missachtungen unserer bereits vorhandenen Tierschutzgesetze. Doch auch diese sind bei weitem nicht ausreichend. Wir benötigen unter anderem ein Verbot von Käfig-, Kasten-, und Anbindehaltung, von betäubungslosen Kastrationen und dem Schreddern von Küken.

Ist Tierschutz eine Forderung, die im 21. Jahrhundert Deiner Meinung nach noch weit genug geht?

Um für die Zukunft eine Grundlage zu schaffen benötigen wir neben dem Tierschutz auch Tierrechte.

In eurem Parteiprogramm steht unter anderem, dass ihr euch für eine bio-vegane Landwirtschaft einsetzen wollt. Wie glaubst Du, kann man Landwirte, die von der Fleisch-, Milch- oder Eierproduktion leben, von einem Wechsel dorthin überzeugen?

Volkswirtschaftlich gesehen ist diese Produktion ohnehin nicht rentabel. Denn es müssen unter anderem gleichzeitig Unmengen an Pflanzen angebaut und von den Landwirten bezogen werden, um all die Tiere ernähren zu können. Die Landwirte können dementsprechend nur wegen der staatlichen Subventionen davon leben. Mit der Umverteilung der staatlichen Subventionen können die Landwirte bei der Ausweitung ihres pflanzlichen Anbaus und auch der Umstellung auf die bio-vegane Landwirtschaft unterstützt werden.

Politisches Interesse oder Tierschutzgedanke – was war als erstes da?

So genau lässt sich das zeitlich gar nicht trennen. Vermutlich war es wohl der Tierschutzgedanke, da ich noch nie verstanden habe, wie es sein kann, dass eine Gesellschaft wie die unsere so gefühlslos mit Tieren umgehen kann. Ebenso war auch das Interesse nach dem Wieso, Weshalb, Warum hinter allem da, und der Wunsch mich einzubringen.

Tierschutz und Veganismus – gehört das für Dich unweigerlich zusammen?

Grundsätzlich würde ich sagen, ließe sich auch über eine vegetarische Lebensweise reden. In unserer heutigen Gesellschaft aber definitiv. Denn es ist einfach nicht möglich, tierische Produkte auf den Markt zu bringen, ohne den Tieren zu schaden.

Lebst du selbst vegan und wenn ja, aus welchen Gründen?

Ja, ich lebe vegan. Zum einen ist mir eine gesunde und ausgewogene Ernährung schon seit vielen Jahren sehr wichtig. Zum anderen möchte und kann ich die Industrie tierischer Produkte nicht unterstützen. Das Leben der Tiere besteht hier nur noch aus Leid. Nicht außer Acht zu lassen ist auch der klimapolitische Hintergrund unseres Konsumverhaltens. Besonders die hauptsächlich aus der Viehzucht und stickstoffhaltigen Düngemittel stammenden Treibhausgase Methan und Lachgas haben einen weitaus größeren und schädlicheren Einfluss als CO2.

Ist es Dein Ziel, irgendwann Vollzeit Politik zu betreiben?

Ja, das ist es tatsächlich. Ich studiere aus Überzeugung Jura, da ich an unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat glaube. Und ich möchte mich auch in Zukunft für den Erhalt, die Fortentwicklung und die Verbesserung unserer Strukturen einsetzen.

Wie lange glaubst Du, wird die Massentierhaltung noch geben?

Ich denke, dass es möglich ist, die Massentierhaltung in Deutschland innerhalb von 20 Jahren zu beenden. Dies soll aber keinen Richtwert darstellen. Es liegt an jedem einzelnen von uns, diese Entwicklung zu beschleunigen.

  • Einen Überblick über weitere Kleinparteien, die sich mit den Themen Tierschutz, Tierrechte und Umweltschutz beschäftigen, gibt es hier!
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